Keine Lehrlinge, kein Nachwuchs? So lösen Werkstätten ihr Azubi-Problem selbst

Keine Lehrlinge, kein Nachwuchs? So lösen Werkstätten ihr Azubi-Problem selbst

In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Kfz-Handwerk um über 20 Prozent verringert. Das belegen die Zahlen des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) aus dem Jahr 2024. Gleichzeitig berichten viele Werkstätten, dass sie bereits heute Aufträge ablehnen müssen – nicht wegen Materialmangel, sondern wegen fehlender Hände. Warum also nutzen so wenige Betriebe die Chance, selbst auszubilden? Und was braucht es konkret, um junge Fachkräfte im eigenen Unternehmen heranzuziehen?

Wer ausbilden will, braucht auch die Voraussetzungen

Der Fachkräftemangel ist real und betrifft zahlreiche Werkstätten spürbar. Gleichzeitig zeigt sich in Gesprächen mit Betrieben: Das Interesse, junge Menschen im eigenen Haus auszubilden, ist vielerorts vorhanden. Doch zwischen Wunsch und Wirklichkeit liegt eine konkrete Anforderung: Wer ausbilden will, muss dafür rechtlich befugt sein – und genau hier hapert es häufig. Es fehlt nicht am Willen oder an Praxiserfahrung, sondern am formalen Nachweis.

In der Schweiz ist die Rechtslage eindeutig: Um Lernende in einem Betrieb ausbilden zu dürfen, ist der sogenannte Berufsbildnerkurs verpflichtend. Diese Weiterbildung umfasst mindestens 40 Lernstunden und richtet sich nach dem Rahmenlehrplan des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) sowie den Vorgaben der jeweiligen Kantone. Ein Berufsbildnerkurs Zürich bietet ein praxisnahes, kompaktes Format, das gezielt auf Personen aus technischen Berufen ausgerichtet ist. Thematisch behandelt der Kurs unter anderem pädagogische Grundlagen, rechtliche Rahmenbedingungen, didaktische Konzepte und den Umgang mit schwierigen Ausbildungssituationen.

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Was Deutschland verlangt – und wo es oft scheitert

In Deutschland ist die Voraussetzung zur Ausbildung ebenfalls gesetzlich geregelt. Hier greift die sogenannte Ausbildereignungsverordnung (AEVO), auch „AdA-Schein“ genannt. Wer ausbilden will, muss eine entsprechende Prüfung bei der zuständigen Kammer ablegen – nach vorheriger Teilnahme an einem Vorbereitungslehrgang. Die Inhalte reichen von rechtlichen Grundlagen über Methodik und Kommunikation bis hin zur konkreten Planung und Kontrolle des Ausbildungsgeschehens.

Trotz dieser klaren Struktur empfinden viele Betriebe die Umsetzung als Hemmnis. Besonders kleine Unternehmen fürchten den organisatorischen Aufwand: Mitarbeitende müssen freigestellt, Prüfungen geplant und Kurse besucht werden – oft neben dem ohnehin dichten Tagesgeschäft. Doch genau hier liegt ein entscheidender Hebel: Ein gut geschulter Ausbilder ist nicht nur ein gesetzliches Muss, sondern ein zentraler Erfolgsfaktor. Wer ausbildet, ohne pädagogische Kenntnisse, riskiert Abbrüche, Frust und ineffiziente Lernprozesse.

Ein professioneller Ausbilder zeichnet sich durch mehr aus als fachliche Expertise. Er kann erklären, motivieren, differenzieren – also komplexe Inhalte verständlich machen, individuelle Lernwege erkennen und strukturiertes Feedback geben. Dazu gehört auch, mit Konflikten souverän umzugehen und die Entwicklung des Auszubildenden aktiv zu begleiten. Das braucht nicht nur Erfahrung, sondern auch Reflexion und methodisches Wissen

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Technische Berufe brauchen mehr Sichtbarkeit

Automobiltechnik ist längst zu einem hochspezialisierten Technologiefeld geworden. Elektronische Fahrzeugsysteme, Software-Diagnostik, Hochvolt-Komponenten und vernetzte Prüfprozesse bestimmen heute den Alltag in der Werkstatt. Trotzdem hält sich in der breiten Öffentlichkeit ein völlig überholtes Bild vom Berufsfeld. Der ölverschmierte Blaumann ist zur symbolischen Hürde geworden – und genau hier beginnt das Problem.

Vor allem Jugendliche und deren Eltern nehmen Kfz-Berufe oft als „zweite Wahl“ wahr: körperlich anstrengend, schlecht bezahlt, wenig zukunftsfähig. Studiengänge oder schulisch geprägte Ausbildungen gelten als prestigeträchtiger und werden deutlich bevorzugt. Laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) entschieden sich im Jahr 2023 nur noch rund 5,2 Prozent der Schulabgänger für einen Ausbildungsberuf im Kfz-Gewerbe – Tendenz weiter fallend. Dabei liegt der Rückgang nicht an der Attraktivität des Berufs, sondern an mangelnder Sichtbarkeit.

Zielgruppen erreichen, wo sie sich wirklich aufhalten

Wer junge Menschen gewinnen will, muss dorthin, wo sie ihre Informationen beziehen. Klassische Anzeigen oder Flyer in Schulen verfehlen längst die Wirkung. Stattdessen braucht es durchdachte Kampagnen, die auf den Medienplattformen der Zielgruppe stattfinden – vor allem auf Instagram, TikTok und YouTube. Kurze, authentische Videos aus dem Werkstattalltag, Interviews mit Auszubildenden, Einblicke in moderne Technik: Diese Formate vermitteln mehr als jede Imagebroschüre.

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Darüber hinaus können Betriebe auf Twitch oder Discord niedrigschwellige „Ask-Me-Anything“-Formate anbieten – moderiert von jungen Fachkräften aus der Branche. Auch Kooperationen mit Technik-Influencern oder Berufsinformationszentren in Form von Livestreams könnten Reichweite erzeugen, die heute fehlt. Wichtig ist, dass der Ton stimmt: keine gestellten Imagefilme, sondern echte Inhalte, die Einblick in den Berufsalltag geben, inklusive Herausforderungen.