Restwert, Wiederbeschaffungswert und Nutzungsausfall – was bedeutet was?

Restwert, Wiederbeschaffungswert und Nutzungsausfall – was bedeutet was?

Im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen und der anschließenden Schadenregulierung durch die Versicherung tauchen immer wieder bestimmte Begriffe auf, die für Laien auf den ersten Blick verwirrend wirken können. Begriffe wie Restwert, Wiederbeschaffungswert und Nutzungsausfallentschädigung sind nicht nur Bestandteil jedes fundierten Schadengutachtens, sondern auch entscheidend für die Durchsetzung finanzieller Ansprüche des Geschädigten.

Dieser Beitrag beleuchtet diese zentralen Begriffe umfassend und verständlich. Ziel ist es, juristische und wirtschaftliche Klarheit zu schaffen, sodass Betroffene sich bei der Abwicklung eines Schadenfalls sicher bewegen können – insbesondere im Kontext eines KFZ Gutachten, das alle diese Werte professionell und nachvollziehbar ausweist.

Der Wiederbeschaffungswert

Was versteht man unter dem Wiederbeschaffungswert?

Der Wiederbeschaffungswert ist der Betrag, den ein Geschädigter aufwenden müsste, um ein gleichwertiges Fahrzeug – gleicher Art und Güte – auf dem regionalen Markt zu erwerben. Dabei berücksichtigt der Gutachter den Zustand des Fahrzeugs vor dem Unfall, das Alter, die Laufleistung, die Ausstattung sowie den Markttrend.

Es handelt sich hierbei nicht um den ursprünglichen Neupreis, sondern um den aktuellen Marktwert eines vergleichbaren Fahrzeugs unmittelbar vor dem Schadensereignis.

Typische Einflussfaktoren:

  • Baujahr und Kilometerstand
  • Wartungszustand und Scheckheftpflege
  • Anzahl der Vorbesitzer
  • Ausstattung (z. B. Sondermodelle, Sonderlackierungen)
  • Angebot und Nachfrage auf dem Gebrauchtwagenmarkt in der Region

Beispiel:

Fahrzeugmodell Baujahr Kilometerstand Zustand Wiederbeschaffungswert
VW Golf 7, Benzin 2016 85.000 km gepflegt 10.500 €
BMW 3er Touring 2014 120.000 km gut 9.800 €
Opel Astra Kombi 2018 65.000 km sehr gut 11.300 €

Der Restwert

Was bleibt vom Fahrzeug übrig?

Der Restwert ist der Wert, den das beschädigte Fahrzeug noch besitzt – also in dem Zustand, in dem es sich nach dem Unfall befindet. In den meisten Fällen wird das Fahrzeug nicht völlig zerstört, sondern kann noch – wenn auch eingeschränkt – verkauft werden. Dieser Wert wird auf dem sogenannten Restwertmarkt ermittelt, also durch Anfragen bei spezialisierten Restwertbörsen, Händlern oder Verwertern.

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Wichtig: Versicherer neigen mitunter dazu, besonders hohe Restwertangebote vorzulegen – insbesondere von Ankäufern außerhalb der Region. Geschädigte sind jedoch nicht verpflichtet, diese Angebote anzunehmen, sofern sie das Fahrzeug selbst behalten oder innerhalb der üblichen regionalen Restwertspanne veräußern.

Einflussfaktoren für den Restwert:

  • Art und Umfang der Beschädigung
  • Reparaturfähigkeit
  • Marktlage für Ersatzteile
  • Interesse von Werkstätten, Exporteuren oder Bastlern

Beispiel:

Fahrzeugmodell Wiederbeschaffungswert Schadenhöhe Restwert
VW Golf 7 10.500 € 8.500 € 2.200 €
BMW 3er Touring 9.800 € 10.300 € 2.000 €
Opel Astra Kombi 11.300 € 6.000 € 1.800 €

Aus dieser Differenz ergibt sich bei einem wirtschaftlichen Totalschaden der Auszahlungsbetrag an den Geschädigten:
Wiederbeschaffungswert – Restwert = Entschädigungssumme

Wirtschaftlicher Totalschaden

Wenn eine Reparatur nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll ist

Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt vor, wenn die Kosten für eine fachgerechte Reparatur den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs übersteigen. Das bedeutet: Die Reparatur ist theoretisch noch möglich, aber wirtschaftlich nicht vertretbar.

Die Grenze für die Zumutbarkeit liegt in der Regel bei 130 % des Wiederbeschaffungswerts, wenn das Fahrzeug innerhalb dieser Grenze repariert wird und eine fachgerechte Reparatur nachgewiesen werden kann (130 %-Regelung).

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Beispielrechnung:

  • Wiederbeschaffungswert: 10.000 €
  • Reparaturkosten: 12.500 €
  • Restwert: 2.500 €

Ergebnis: 130 %-Grenze nicht überschritten, Reparatur kann zulasten der gegnerischen Versicherung erfolgen, sofern sie fachgerecht ausgeführt wird.

Nutzungsausfallentschädigung

Wenn das Fahrzeug nicht fahrbereit ist – aber kein Mietwagen gewünscht wird

Kann der Geschädigte sein Fahrzeug aufgrund des Unfalls vorübergehend nicht nutzen und verzichtet auf einen Mietwagen, hat er Anspruch auf eine sogenannte Nutzungsausfallentschädigung. Diese pauschale Zahlung richtet sich nach der Fahrzeugklasse und wird für jeden Tag gezahlt, an dem das Fahrzeug unfallbedingt nicht zur Verfügung steht – etwa während der Reparatur oder bis zur Lieferung eines Ersatzfahrzeugs.

Die Höhe richtet sich nach anerkannten Tabellenwerken, etwa der Schwacke-Nutzungsausfalltabelle, und bewegt sich meist zwischen 25 € und 100 € pro Tag.

Tabelle: Nutzungsausfallentschädigung je nach Fahrzeugklasse

Fahrzeugtyp Nutzungsausfallklasse Tagessatz Nutzungsausfall
Kleinwagen (z. B. Polo) Klasse A 29 €
Kompaktklasse (Golf) Klasse C 38 €
Mittelklasse (Passat) Klasse D 43 €
Oberklasse (BMW 5er) Klasse G 59 €
SUV/Luxusklasse Klasse H–L bis 95 €

Die Auszahlung erfolgt nur für den Zeitraum, der im Gutachten als Reparaturdauer bzw. Wiederbeschaffungsdauerangegeben ist. Voraussetzung ist, dass das Fahrzeug regelmäßig genutzt wurde (z. B. zur Arbeit, für die Familie etc.) und kein Mietwagen in Anspruch genommen wurde ( Quelle  KFZ Gutachten Berlin )

Häufige Missverständnisse bei der Schadenregulierung

Warum klare Begriffe so wichtig sind

Viele Geschädigte erhalten nach einem Unfall Schreiben der gegnerischen Versicherung mit Begriffen wie „fiktive Abrechnung“, „Restwertangebot“, „Totalschaden“ oder „Nutzungsausfall nach Wiederbeschaffungsdauer“. Ohne fundierte Erklärung wirken diese Begriffe einschüchternd oder verwirrend.

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Ein präzises Gutachten, das diese Begriffe korrekt und nachvollziehbar enthält, ist daher die Grundlage für eine erfolgreiche Regulierung – sowohl gegenüber der Versicherung als auch vor Gericht, falls es zu einem Streitfall kommt.

Fazit:

Juristische und wirtschaftliche Klarheit durch präzise Begriffsdefinitionen

Restwert, Wiederbeschaffungswert und Nutzungsausfall sind keine theoretischen Konstrukte – sie beeinflussen direkt die finanzielle Entschädigung, die ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall erhält. Wer die Zusammenhänge versteht, kann souverän und informiert mit der gegnerischen Versicherung kommunizieren und mögliche Fallstricke vermeiden.

Ein sorgfältig erstelltes KFZ Gutachten sorgt dafür, dass diese Werte realistisch, nachvollziehbar und rechtssicher dokumentiert sind. Es bildet die Grundlage für faire Entschädigungen und bewahrt Geschädigte davor, auf pauschale Angebote oder unvollständige Kostenvoranschläge hereinzufallen. Nur mit fachlicher Expertise und einer klaren Begrifflichkeit lässt sich ein Unfall wirklich vollständig und gerecht abwickeln – zum Schutz des Geschädigten und im Sinne eines funktionierenden Schadenmanagements.